Dienstag, 9. Februar 2010

Warum die Unterschicht früher stirbt: Prävention und Ernährung

So heute mal etwas Sozialkritisches (muss auch mal sein, weil wichtig) und zwar über den Zusammenhang zwischen Gesellschaftsschicht, man kann auch sagen: Geldbeutel, und Gesundheit, insbesondere gesunder Ernährung. Es ist schon viel zurecht geschrieben worden, dass die Mitglieder der Unterschicht tendenziell kränker als die der Mittelschicht sind, da sie tendenziell ungesünder leben (ja, natürlich nicht alle, aber Ausnahmen bestätigen die Regel). Dazu gibt es schöne Statistiken, die belegen, dass in der Unterschicht prozentual häufiger und mehr Alkohol getrunken wird, häufiger und mehr geraucht wird sowie fetter und ungesünder gegessen wird. Stichwort: kurz mal zu McDonalds oder eine Currywurst mit Pommes (oder dem Kind kurz mal paar Euro dafür geben, dann nervt es einen nicht mehr) - hingegen Gemüse und Obst sowie Kochen mit frischen Zutaten und ausgewogene Ernährung Mangelware.

Zum letzten Punkt haben Thilo Sarrazin und andere schon viel gesagt und geschrieben. Über Sarrazin kann man (zurecht) streiten. Manches, was er von sich gibt, liegt neben der Sache und ist unüberlegt. Manche Themen treffen jedoch den Nagel auf den Kopf und geben dazu noch die Meinung weiter Teile der Bevölkerung wieder. Und meines Wissens und meiner Meinung nach gehört die berühmte Aussage mit dem zu fetten Essen und nur Tiefkühlsachen oder ähnlichem statt Kochen mit frischen Zutaten von insbesondere Hartz-IV-Empfängern dazu. Das ist viel Wahres dran. Man darf dazu nicht vergessen, dass dies auch eine Sache des schmalen Geldbeutels ist, aber auch von Nichtwissen und Bequemlichkeit in der Unterschicht.

Laut mehreren Studien und damit zusamhängenden Angaben des Tagesspiegels (Artikel "Viel mehr geht nicht" von David Lerch, Wirtschaftsteil, S. 27,  07.02.2010) achten rund ein Viertel der deutschen Haushalte Experten zufolge beim Lebensmittelkauf ausschließlich auf den Preis. Und ich füge hinzu: sie müssen darauf achten, denn das sind in aller Regel die Millionen von Hartz-IV-Empfängern, Rentnern (nicht die vielen wohlhabenden superfitten Nordic Walkern in unseren Parks und Wäldern), Alleinerziehenden usw. Das führt dazu, dass diese fast ausschließlich bei Discountern einkaufen und ganz oft Lebensmittel kaufen, die sich gerade im Angebot befinden. Das muss per se noch nicht heißen, dass die Qualität der Lebensmittel schlechter als woanders ist oder gar die Gesundheit dieser Klientel gefährdet, aber oft wird es der Fall sein.

Denselben Experten zufolge orientiert sich die Mittelschicht eher an der Qualität der Produkte als am Preis. Logisch, denn sie haben ja die finanziellen Mittel für dieses Vorgehen, anders als die vorhin Genannten. Der Werbeslogan "Geiz ist geil" einer großen Elektronikkette über lange Jahre ist damit längst Geschichte (kein Wunder, dass diese Kette diesen Claim vor einiger Zeit zugunsten eines anderen harmloseren aufgab). Sitten und Einstellungen ändern sich, auch von Schichten.

Das ist einerseits meiner Meinung nach zu begrüßen, da solche Fehlentwicklungen wie "Geiz ist geil" zu Lohndumping, Unterdrucksetzen oder gar Beobachten von (kleinen) Mitarbeitern und Qualitätsverlusten führt, siehe eine große Drogeriekette, die ihre fast ausschließlich weiblichen Angestellten oft übel bezahlt und behandelt - ist ganz leicht zu ergoogeln, wen ich meine, darüber wurde viel berichtet. Und ebenso leicht wohl zuermitteln: der Lebensmitteldiscounter, der seine in der Regel ebenfalls weiblichen Angestellen ähnlich oft übel bezahlt, behandelt - und sogar ausspät. Die Liste kann man noch locker verlängern, aber das sind die beiden krassesten Fälle meiner Ansicht nach. Der Verbraucher sollte sich gut überlegen, was und wo er etwas kauft, das ist seine Macht, vielleicht die einzige, die er heute noch hat.

Andererseits führt das Geld und diese Denken/Handeln der Mittelschicht aber dazu, dass sie qualitativ hochwertigere Lebensmittel kaufen können, dies in der Regel auch tun und somit gesünder leben. Und auch länger leben (vergleiche Statistiken, auch insbesondere von Industrie- zu Drittweltstaaten oder ehemaliger Ostblock zum Westen). Dies bewirkt der Einsatz des Geldbeutels, verknüpft mit einem größeren Interesse und größeren Wissen an gesunden Lebensweisen und dem Willen dazu. Bei vielen Angehörigen der Unterschicht scheint es an mindestens einem dieser Punkte zu fehlen - leider.

Das ist wiederum der Ansatz des Präventionsgedankens. Dass Prävention im Sinne von Aufklärung der Bevölkerung über gesunde Lebensweisen, wichtig ist, haben vor allem Parteien und Verbände auf dem linken, sozialeren politischen Spektrum seit Jahren erkannt. Diese wollen naturgemäß nach ihrer Ideologie und ihrem Klientel die schichtspezifischen Unterschiede in der Prävention deutlich machen und möglichst in ferner Zukunft verschwinden lassen. Und daher fordern diese Interessengruppen ebensolange ein Präventionsgesetz.

Teile der konservativen Parteien (Union, FDP) und Verbände haben diese Erkenntnisse zwar auch mittlerweile angenommen, sie wurden dazu mühsam von den erstegenannten Gruppen überzeugt, aber große Teile von ihnen wehren sich gegen diese Erkenntnisse bzw. nehmen sie nicht so ernst, da sie ihrer Klientel oft egal sein können. Und daher haben die konservativen Interessengruppen ein solches "Präventionsgesetz" blockiert (zu den ganz guten Argumenten beider Seiten vergleiche den gleichnamigen Wikipedia-Artikel). Ein gutes Argument ist sicherlich, dass die Krankenkassen ja Millionen von Euro bereits jetzt in diverse je nach Kasse unterschiedliche Präventionsprogramme stecken.

Nur leider nehmen diese von letztlich allen Versicherten finanzierten Maßnahmen vor allem eine Personengruppe in Anspruch: die Mittelschicht, insbesondere die gesundheitsbewusste und manchmal leicht esoterisch bzw. ökomäßig angehauchte Mittvierzigerin oder älter. Und da beißt sich die Katze in den Schwanz, denn der Sinn der Präventionsprogramme, die der Gesellschaft maximalen Nutzen bringen sollten, ist doch gerade, dass die Unterschicht dabei mitgenommen wird. Und sich nach deren Besuch gesundheitlich vernünftiger verhält: gesünder einkauft und isst, sich mehr bewegt, weniger raucht und Alkohol konsumiert, wie in der Mittelschicht bereits jetzt schon viele. Diese Punkte sind laut fast allen Ärzten und deren Organisationen unstrittigerweise die Hauptursachen für ein langes gesundes Leben ohne die bekannten Volkskrankheiten und teilweise sogar ohne Krebs.

Was denkt ihr, hat der Healthfox den Nagel auf den Kopf getroffen oder übersieht er (noch) etwas?

Beste Grüße
Euer Healthfox

Mittwoch, 3. Februar 2010

Erste Kassen knöpfen Versicherten mehr als acht Euro Zusatzbeitrag ab

Es wird immer härter für die Versicherten einer gesetzlichen Krankenkasse (GKV). So fordern jetzt die ersten Kassen sogar mehr als acht Euro Zusatzbeitrag. So erheben die BKK Heilberufe und die GBK Köln  jetzt den gesetzlich höchstmöglichsten Zusatzbeitrag von maximal 37,50 Euro (nach Informationen der «Rheinischen Post») .

Dass dieser Zusatzbeitrag ein Prozent des Bruttoeinkommens des Versicherten nicht übersteigen darf, also für diese Versicherten kleiner als die 37,50 Euro ist, ist nur ein schwacher Trost. Die BKK Westfalen-Lippe verlangt zwölf Euro. Das ist auch hart für die Versicherten. Auch wenn die Argumentation des Vorstandschef ebenso geschickt wie rechtlich korrekt ist: die Erhebung von zwölf Euro sei gerechter als acht Euro. Denn nur bei Beträgen über acht Euro gilt der genannte Deckel von ein Prozent des Bruttoeinkommens des Versicherten. Also zahlt der Hartz IV-Bezieher oder der Student oder Arbeitnehmer mit geringen Einkommen weniger als acht Euro.

Diese zieht allerdings einen erhöhten bürokratischen Aufwand der Einzelprüfung des Vermögens eines jeden einzelnen Versicherten durch die Kasse nach sich. Und deshalb haben bislang alle Kassen die ohne diese Prüfung möglichen acht Euro verlangt und werden es auch künftig in der Regel (mit Ausnahmen) nur verlangen meiner Ansicht nach. Dieser bürokratische Aufwand kostet die Kassen Personalressourcen und uns Versicherten Geld. Ein guter Teil des Zusatzbeitrages geht wieder drauf dabei. Und spätestens da beißt sich das bestehende System in den Schwanz.

Daher ja auch die Änderungswünsche am bestehenden System von Rösler und der FDP, da es ihnen ja gut in den Kram passt, ihre bereits vorher bestehenden Reformpläne durchzupeitschen. Und gegen eine Kopfpauschale, wobei Großteile der Bevölkerung zu Bittstellern würden, Rösler nennt das "sozialer Ausgleich", laufen natürlich die linken und sozialeren Parteien und Vereinigungen Sturm wie SPD, Grüne, Linke und - hier sogar - die CSU. Und wegen der Letzteren, als Regierungspartei Röslers Parnter, ist es ziemlich ungewiss, ob Röslers Pläne politisch durchkommen. Zumal bei der jetzigen Wirtschafts- und Finanzkrise mit dem geringen Steueraufkommen für Bund, Länder und Kommunen und der horrenden Neuverschuldung, auch für mehr oder weniger sinnvolle Konjunkturprogramme. Und Röslers Reform kostet viele Milliarden (gar 20 oder 30?), die momentan daher eigentlich nicht da sind. Seien wir gespannt auf die weitere Entwicklung, dieser Blog wird am Ball bleiben.

Beste Grüße
Euer Healthfox, ein Insider des Systems

Ausgangsquelle: dpa-Meldung von heute: "Erste Krankenkassen wollen höheren Zusatz"

Mittwoch, 27. Januar 2010

Merkel, Aigner und Behörden kritisieren Krankenkassen bezüglich Zusatzbeiträgen

Kanzlerin Merkel, Verbraucherministerin Aigner, das Bundesversicherungsamt und die Kartellwächter kritisieren jetzt alle die Art und Weise der Erhebung der Zusatzbeiträge bzw. deren Ankündigung durch die genannten Krankenkassen.

Wenn ihr meine Vorhersagen vom letzten Post vor der Pressekonferenz ansieht, dann ist verdammt viel davon eingetreten, oder? Ich bemühe mich weiterhin um solch treffende Prognosen für euch...

Halt, eine Ausnahme war ja doch: die AOK Schleswig-Holstein wird auch bald Zusatzbeiträge erheben. Aber da es die einzige AOK bislang ist, bestätigt diese Ausnahme eher meine Regel der momentanen Bevorzugung der AOK vom System (es war ja auch mal anders).

Traurig ist auch, dass die Verlierer der angekündigten Zusatzbeiträge vor allem - wie so oft - die Ärmsten der Armen sind: die Hartz-IV-Empfänger, denn diese müssen (bis auf wenige Ausnahmen) die zunächst 8 Euro (es können auch mehr werden) bezahlen, wo die Bundesagentur für Arbeit doch sonst ihre Krankenkassenbeiträge bezahlt. Ihnen wie auch vielen anderen von Zusatzbeiträgen betroffenen Versicherten bleibt da nur noch der Wechsel ihrer gewohnten und oft auch bewährten Stammkasse hin zu einer ohne Zusatzbeitrag, was von den Sozialämtern so gesehen wird.

Gegen einen Wechsel der Kasse spricht die gewohnte Stammkasse und das erwartet wird, dass noch wesentlich mehr Kassen bis 2011 solche Zusatzbeiträge erheben werden als bislang angekündigt, und dafür würde der Wechselaufwand nicht lohnen. (Ergänzung vom 28.01.2010:  der GKV-Spitzenverband geht davon aus, dass spätestens im nächsten Jahr alle Kassen Zusatzbeiträge erheben werden (Berliner Zeitung)).

Für einen Wechsel der Krankenkasse spricht, dass noch nicht sicher ist, ob wirklich alle Kassen mitmachen - schließlich können noch politische Entscheidungen oder momentan geprüfte Sanktionen gegen erhöhende Kassen dies verhindern - und der Versicherte bis dahin eine Menge Geld sparen kann. (Ergänzung vom 28.01.2010: na bitte: nach Informationen der Stiftung Warentest wollen für dieses Jahr mehr als 50 Krankenkassen auf Zusatzbeiträge verzichten (Berliner Zeitung) und die Stiftung ist kein Lobbyverband wie der GKV-Spitzenverband, wenn auch an beiden Voraussagen etwas dran sein dürfte). Und dafür spricht auch, dass man so die Kassen unter Druck setzt, sehr genau zu prüfen, ob wirklich Zusatzbeiträge nötig sind.

Was die oben genannten Institutionen und Personen auch so sehen bzw. zu sehen scheinen, insbesondere das Bundesversicherungsamt äußerte sich in der Richtung. Diesen Kritikern stößt vor allem das abgesprochene gemeinsame Vorgehen der Kassen bei der Ankündigung der Zusatzbeiträge auf der gemeinsamen Pressekonferenz sauer auf. Aufgrund solcher Aktionen beginnen oft die Ermittlungen der Kartellbehörden, siehe aktuell bezüglich Kaffee und vorher viele andere Branchen (Energie, Industrie usw).

Da kocht natürlich der alte Streit im Gesundheitssystem hoch, ob dieses als ein Markt (im Sinne der Betriebswirte) anzusehen ist und ob das Kartellamt für die Krankenkassen aufgrund ihrer Rechtsform zuständig ist oder nicht. Das Kartellamt scheint in diesem Falle zumindest seine Zuständigkeit zu sehen.

Zitat welt.de: "Laut einem Bericht der „Berliner Zeitung“ benachteiligen die Zusatzbeiträge Menschen mit geringem Einkommen und Hartz-IV-Empfänger stärker gegenüber Gutverdienern. Das Bundesfinanzministerium habe bestätigt, dass die Beiträge genauso wie die normalen Kassenbeiträge als Sonderausgabe steuerlich absetzbar seien. Davon profitierten aber nur diejenigen, die nennenswert Steuern zahlen." Das passt voll und ganz in die Klientelpolitik der neuen Bundesregierung, inbesondere von Seiten der FDP, auch wenn die Zusatzbeiträge bereits von der großen Koalition so gesetzlich festgelegt wurden. Aber die laut Koalitionsvertrag und insbesondere Gesundheitsminister Rösler gewünschte Kopfpauschale (mit Steuerausgleich) ließe sich prima vorbereiten - auf der Grundlage der bestehenden Datensammlung für den Einzug der Zusatzbeiträge von den persönlichen Bankkonten der Versicherten. Das behaupten jedenfalls viele Kritiker momentan, auch wenn Rösler solche Absichten dementiert.

Auch Kanzerlin Merkel hat laut Handelsblatt in der Unionsfraktion Kritik mit an dem gemeinsamen Vorgehen der Kassen bezüglich der Zusatzbeiträge geäußert, obwohl es manchen Kassen finanziell gut, anderen schlecht geht (Rücklagen), auch bezüglich des Kartellrechts. Sie sei sauer gewesen - wohl nicht ganz zu unrecht. Was denkt ihr, werte Leser?

Bis zum nächsten Post
Euer Healthfox

Ausgangsquellen:
  • welt.de von heute: "Aigner hält Kassen-Zusatzbeiträge für illegal"
  • welt.de von heute: "Merkel ärgert sich über die Krankenkassen"

Donnerstag, 21. Januar 2010

Die gefürchteten Zusatzbeiträge sind da

Jetzt ist es also soweit. Die allererste Krankenkasse, und gleich eine große, mit der Deutschen BKK hat angekündigt, in den nächsten Monaten, eher Wochen Zusatzbeiträge zu erheben. Es wird erwartet, dass in den nächsten Tagen weitere solcher Ankündigungen folgen werden. Wahrscheinlich durch die DAK und weitere Ersatz- und Betriebskrankenkassen. Von der AOK wohl nicht, da es den AOKs finanziell anscheinend besser geht, da sie u. a. durch den Gesundheitsfonds und insbesondere den Morbi-RSA gegenüber den anderen Kassenarten bessergestellt werden, da die relevanten 80 Krankheiten des Morbi-RSAs vor allem unter den Versicherten der AOK vorkommen.

Experten war es längst klar, dass 2010 die ersten Zusatzbeiträge kommen werden. Und es war auch klar, dass die Kassen solange wie möglich mit dieser Maßnahme abwarten werden, da die Versicherten die Zusatzbeiträge in Höhe von 8 bis 37,50 Euro direkt von Ihrem Bankkonto überweisen müssen und dies daher klar bemerken können - anders als bei einem automatischen Bankeinzug. Und die Versicherten haben ein Sonderkündigungsrecht im Falle von Zusatzbeiträgen, vor dessen massenweisen Ausüben die Kassenvorstände schon lange Angst haben - Motto: wer zuerst zuckt, den bestraft das Mitglied mit Weggang.

Am kommenden Montag, 25.01.2010, wird es eine gemeinsame Pressekonferenz mit etwa 12 Kassen geben. Auf dieser werden sie aller Voraussicht nach alle gemeinsam Zusatzbeiträge ankündigen, die ab dem 1. Februar in Kraft treten und Teile der zwölf Kassen werden wahrscheinlich darauf hinweisen, dass sie noch nicht gleich, aber in diesem Jahr noch Zusatzbeiträge erheben müssen, wenn sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht ändern usw. Es treten so viele Kassen gemeinsam an, damit nicht nur eine Kasse vom Versicherten "abgestraft" wird (siehe oben), sondern Verständnis für diese Maßnahme erweckt wird. Denn der Gesundheitsfonds hat eine milliardenschwere Unterdeckung, die nur zum Teil durch Steuergelder ausgeglichen wurde. Das werden die Kassen als Argument bringen können. Laut Tagesspiegel von heute liegen dem Bundesversicherungsamt bereits vier Anträge auf Zusatzbeiträge vor, und es rechnet damit, dass es bald mehr werden.

Zusatzbeiträge bis acht Euro pro Monat muss laut Gesetz auch der ärmste Versicherte zahlen. Er kann sich nur eine neue Kasse suchen (Sonderkündigungsrecht). Erst höhere Zusatzbeiträge sind auf ein Prozent des Einkommens gedeckelt.

Einige Betriebskrankenkassen planen anscheinend spätestens seit Ende 2009 bereits Zusatzbeiträge, da ein User von Wikipedia auf der Diskussionsseite zum Artikel "Betriebskrankenkassen" bereits damals folgendes vermerkte:

"... dass seit 29.12.2009 ein Tochterunternehmen der BKKs, itsc Payment-Service GmbH & Co. KG, Sachbearbeiter und Teamleiter für das Thema "Zusatzbeitrag" sucht? Das kann doch nur heißen, dass die ersten BKKs bald im Jahr 2010 mit Zusatzbeiträgen kommen (nach dem Gesundheitsfonds möglich)".

 Man wird es am Montag sehen, ob hier ein Cleverle am Werk war und davon ist laut untenstehender Quelle auszugehen.

Apropos, danke, Eppiline, für deine Antwort zum letzten Post, das kann ich gut nachvollziehen. Und ihr, liebe User, was denkt ihr bezüglich der Zusatzbeiträge?

Beste Grüße
Euer Healthfox

 (Aufhänger: dpa-Meldung von heute "Bald Zusatzbeiträge für Millionen Versicherte" und Tagesspiegel von heute "Krankenkassen: Mehrkosten für Millionen Versicherte")

Mittwoch, 20. Januar 2010

Geldmaschine für Pharmaunternehmen oder Zusatznutzen für Patienten durch neue Medikamente?

In der Berliner Zeitung von heute wird unter der Titelzeile "Einer gegen alle" kompetent beschrieben, wie Peter Sawicki, Leiter des IQWiG, von der Pharmalobby und interessierten Teilen der Politik angegriffen wird.

Meine Gedanken dazu: Es geht dabei wie immer in solchen Diskussionen über die Kernfrage, ob neue Medikamente der Arzneimittelhersteller einen Mehrwert für den Patienten haben oder als Geldmaschine für Pharmafirmen dienen. Dazu muss man wissen, dass jede Entwicklung eines neuen Arzneimittels viel Geld kostet, sehr viel Geld. Hohe technische Entwicklungskosten, hohe Personalkosten, hohe Vertriebskosten, Kosten für diverse Genehmigungsverfahren und Tests durch deutsche und europäische Institutionen usw.  Und dass die Arzneimittelhersteller diese Kosten wieder hereinbekommen wollen, ist ganz normal im Wirtschaftsleben. Also per se nichts Verwerfliches.

Die andere Seite sind wir, die Patienten und die Versicherten der Krankenkassen. (Da 90 Prozent der Deutschen in der GKV (gesetzliche Krankenversicherung) versichert sind, konzentriere ich mich hierbei mal auf die GKV). Sie bezahlen durch ihre Beiträge jedes neue Medikament. Und gerade die neuen sind teuer, meist sogar sehr teuer. Denn sie sind noch patentgeschützt, anders als die Generika, wo der Patentschutz im Laufe der Jahre ausgelaufen ist, z. B. die Kopfschmerz- oder Halstabletten für ein paar Euro in der Apotheke - diese sind dazu noch meist verschreibungsfrei.

Und da kommt Sawicki ins Spiel. Er ist Leiter des IQWiG, eines unabhängigen wissenschaftlichen Institut, das im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) oder des Bundesministeriums für Gesundheit untersucht, ob das neue Medikament einen Zusatznutzen hat - dann bezahlt es die Krankenkasse, nachdem die Bewertungen des Instituts dem G-BA als Empfehlung zur Beschlussfassung vorgelegt worden sind. Finanziert wird das IQWiG aus Mitteln der GKV.
Wenn das Arzneimittel keinen Zusatznutzen hat - dann bezahlt es die Krankenkasse nicht. Oder nur einen Teil davon ("Festbetrag"), den Rest zahlt der Patient, was für finanzschwächere bitter sein kann. Unter Umständen bleiben die Arzneimittelhersteller also auf ihren hohen Entwicklungskosten sitzen, weil keiner oder nur wenige Patienten ihre neue Arznei mehr kaufen. Ein Medikament ohne Zusatznutzen bringt dem Patienten und Beitragszahler aber nichts. Oder vielleicht doch?
 
Um die Sache zu verkomplizieren, muss man wissen, dass es mache Zusatzstoffe in Medikamenten gibt, die das Medikament, obwohl wirkstoffgleich mit Konkurrenzprodukten, besser verträglich für manche Patienten machen - das betrifft manche Arzneimittel, lange nicht alle. Und diese hätten dann doch einen Zusatznutzen für den Patienten. Manche Medikamente haben aber nicht einmal solchen Zusatznutzen, sondern dienen nur als Geldmaschine für die Arzneimittelhersteller.

Und so ist es momentan fraglich, ob Sawickis Vertrag verlängert wird, was manche interessierte Pharma- und Politikerkreise nicht wollen, da er und sein Institut ihnen unbequem sind. Denn Pharmaunternehmen bieten viele Arbeitsplätze in Deutschland, in Entwicklung, Verwaltung und Vertrieb. Und einem Lokalpolitiker kann man schon einmal zu verstehen geben, dass unter gewissen gesetzlichen und politischen Voraussetzungen Pharmaunternehmen XY leider seinen Wahlkreis verlassen muss.

Manche sagen, Sawicki ermittelt objektiv den Zusatznutzen von neuen Medikamenten und hilft der GKV, und damit uns Beitragszahlern, eine Menge Geld zu sparen. Andere sagen, er ermittelt tendenziös und unobjektiv und hat die Pharmalobby als Feindbild.

Da trifft es sich gut, dass Sawicki sich angeblich Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung von Dienstreisen geleistet hat, wie aus einem geheimen Bericht der Wirtschaftsprüfer BDO von vor ein paar Tagen hervorgehen soll. Doch ist Sawickis Arbeitsvertrag so kompliziert formuliert, dass man einwenden kann, er habe nur ein Teilschuld bzw. es liege nur ein verzeihliches Versehen durch ihn vor. Die Frage von Sawickis Schuld wage ich nicht zu beurteilen, auch da mir die Detailinformationen dazu fehlen, das sollen die zuständigen Stellen tun.

Ich will hier nur die Interessenlagen der Beteiligten darstellen, um euch, die Leser meines Blogs, zu informieren. Und so hoffe ich, dass sich jeder von euch jetzt selbst ein Bild machen und Schlüsse aus meinen Informationen ziehen kann.

Bald nehme ich mir ein völlig anderes Thema der Gesundheitspolitik vor. Solange die Frage: Was sagt ihr zu meinem ersten Blog?

Beste Grüße
Healthfox
Hallo liebe User,

ich beginne jetzt mal meinen Blog. Erst einmal zur Probe, ob es mir Spaß macht. Und ob meine Inhalte bei euch gut ankommen oder nicht. Ob ihr einen Mehrwert dadurch habt. Gebt mir also bitte Feedback, falls möglich. Ich werde vor allem das Thema Gesundheitspolitik behandeln, da es mich besonders interessiert und ich mich dort gut auskenne, wie ich meine. Vielleicht kommen auch noch andere Politikbereiche dazu, ggf. verwandte, aber das wird die Zukunft zeigen. Also dann starte ich mal in meinem nächsten Post.