Mittwoch, 27. Januar 2010

Merkel, Aigner und Behörden kritisieren Krankenkassen bezüglich Zusatzbeiträgen

Kanzlerin Merkel, Verbraucherministerin Aigner, das Bundesversicherungsamt und die Kartellwächter kritisieren jetzt alle die Art und Weise der Erhebung der Zusatzbeiträge bzw. deren Ankündigung durch die genannten Krankenkassen.

Wenn ihr meine Vorhersagen vom letzten Post vor der Pressekonferenz ansieht, dann ist verdammt viel davon eingetreten, oder? Ich bemühe mich weiterhin um solch treffende Prognosen für euch...

Halt, eine Ausnahme war ja doch: die AOK Schleswig-Holstein wird auch bald Zusatzbeiträge erheben. Aber da es die einzige AOK bislang ist, bestätigt diese Ausnahme eher meine Regel der momentanen Bevorzugung der AOK vom System (es war ja auch mal anders).

Traurig ist auch, dass die Verlierer der angekündigten Zusatzbeiträge vor allem - wie so oft - die Ärmsten der Armen sind: die Hartz-IV-Empfänger, denn diese müssen (bis auf wenige Ausnahmen) die zunächst 8 Euro (es können auch mehr werden) bezahlen, wo die Bundesagentur für Arbeit doch sonst ihre Krankenkassenbeiträge bezahlt. Ihnen wie auch vielen anderen von Zusatzbeiträgen betroffenen Versicherten bleibt da nur noch der Wechsel ihrer gewohnten und oft auch bewährten Stammkasse hin zu einer ohne Zusatzbeitrag, was von den Sozialämtern so gesehen wird.

Gegen einen Wechsel der Kasse spricht die gewohnte Stammkasse und das erwartet wird, dass noch wesentlich mehr Kassen bis 2011 solche Zusatzbeiträge erheben werden als bislang angekündigt, und dafür würde der Wechselaufwand nicht lohnen. (Ergänzung vom 28.01.2010:  der GKV-Spitzenverband geht davon aus, dass spätestens im nächsten Jahr alle Kassen Zusatzbeiträge erheben werden (Berliner Zeitung)).

Für einen Wechsel der Krankenkasse spricht, dass noch nicht sicher ist, ob wirklich alle Kassen mitmachen - schließlich können noch politische Entscheidungen oder momentan geprüfte Sanktionen gegen erhöhende Kassen dies verhindern - und der Versicherte bis dahin eine Menge Geld sparen kann. (Ergänzung vom 28.01.2010: na bitte: nach Informationen der Stiftung Warentest wollen für dieses Jahr mehr als 50 Krankenkassen auf Zusatzbeiträge verzichten (Berliner Zeitung) und die Stiftung ist kein Lobbyverband wie der GKV-Spitzenverband, wenn auch an beiden Voraussagen etwas dran sein dürfte). Und dafür spricht auch, dass man so die Kassen unter Druck setzt, sehr genau zu prüfen, ob wirklich Zusatzbeiträge nötig sind.

Was die oben genannten Institutionen und Personen auch so sehen bzw. zu sehen scheinen, insbesondere das Bundesversicherungsamt äußerte sich in der Richtung. Diesen Kritikern stößt vor allem das abgesprochene gemeinsame Vorgehen der Kassen bei der Ankündigung der Zusatzbeiträge auf der gemeinsamen Pressekonferenz sauer auf. Aufgrund solcher Aktionen beginnen oft die Ermittlungen der Kartellbehörden, siehe aktuell bezüglich Kaffee und vorher viele andere Branchen (Energie, Industrie usw).

Da kocht natürlich der alte Streit im Gesundheitssystem hoch, ob dieses als ein Markt (im Sinne der Betriebswirte) anzusehen ist und ob das Kartellamt für die Krankenkassen aufgrund ihrer Rechtsform zuständig ist oder nicht. Das Kartellamt scheint in diesem Falle zumindest seine Zuständigkeit zu sehen.

Zitat welt.de: "Laut einem Bericht der „Berliner Zeitung“ benachteiligen die Zusatzbeiträge Menschen mit geringem Einkommen und Hartz-IV-Empfänger stärker gegenüber Gutverdienern. Das Bundesfinanzministerium habe bestätigt, dass die Beiträge genauso wie die normalen Kassenbeiträge als Sonderausgabe steuerlich absetzbar seien. Davon profitierten aber nur diejenigen, die nennenswert Steuern zahlen." Das passt voll und ganz in die Klientelpolitik der neuen Bundesregierung, inbesondere von Seiten der FDP, auch wenn die Zusatzbeiträge bereits von der großen Koalition so gesetzlich festgelegt wurden. Aber die laut Koalitionsvertrag und insbesondere Gesundheitsminister Rösler gewünschte Kopfpauschale (mit Steuerausgleich) ließe sich prima vorbereiten - auf der Grundlage der bestehenden Datensammlung für den Einzug der Zusatzbeiträge von den persönlichen Bankkonten der Versicherten. Das behaupten jedenfalls viele Kritiker momentan, auch wenn Rösler solche Absichten dementiert.

Auch Kanzerlin Merkel hat laut Handelsblatt in der Unionsfraktion Kritik mit an dem gemeinsamen Vorgehen der Kassen bezüglich der Zusatzbeiträge geäußert, obwohl es manchen Kassen finanziell gut, anderen schlecht geht (Rücklagen), auch bezüglich des Kartellrechts. Sie sei sauer gewesen - wohl nicht ganz zu unrecht. Was denkt ihr, werte Leser?

Bis zum nächsten Post
Euer Healthfox

Ausgangsquellen:
  • welt.de von heute: "Aigner hält Kassen-Zusatzbeiträge für illegal"
  • welt.de von heute: "Merkel ärgert sich über die Krankenkassen"

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen